CONVOCO! Forum 2021 de
CONVOCO! FORUM 2021
Das CONVOCO! Forum 2021 versammelte am Samstag, 31. Juli rund 200 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur im Salzburg Congress zum Thema „Wie viel Freiheit müssen wir aufgeben, um frei zu sein?“.
Die Convoco! Gründerin Dr. Corinne M. Flick eröffnete das Convoco! Forum 2021 mit ihrer Einführung ins Thema. Im Fokus der Rede stand das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und anderen Werten wie Gerechtigkeit und Gleichheit. In vielen Bereichen unserer Gesellschaft beobachten wir einen Zuwachs individueller Freiheit . Doch jeder Freiheitsgewinn verlange auch eine Erweiterung gegenseitiger Anerkennung und Rücksichtnahme. Das betreffe heute nicht mehr nur das Miteinander von Menschen, sondern auch die Beziehung zwischen Menschen und anderen Lebewesen.
Andreas Reckwitz beleuchtete in seinem Vortrag das Subjekt der Spätmoderne, insbesondere im 21. Jahrhundert, und zeigte auf, wie der moderne Mensch sich selbst Unfreiheiten auferlegt. Er problematisierte die Kultur der Selbstentfaltung mit ihren gesteigerten Ansprüchen des Lebensglücks als sensibilisierend gegenüber negativer Unverfügbarkeiten.
Die erste Podiumsdiskussion des Tages lief unter dem Titel „Individuelle und kollektive Dimensionen der Freiheit“. Prof. Birke Häcker führte in das Thema ein. Ein Blick auf das Vereinigte Königreich veranschaulichte unterschiedliche Freiheitsverständnisse und leitete zugleich Abwägungen zwischen individueller und kollektiver Freiheit ein.
Auf dem Podium diskutierten dann Prof. Jörn Leonhard, Prof. Claudia Wiesner, Prof. Timo Meynhardt und Prof. Philipp Pattberg unter Moderation von Prof. Stefan Korioth. Insbesondere wurde das Zusammenspiel zwischen Freiheit, Gleichheit und Demokratie besprochen. Aus historischer Perspektive wurde eine Nachwirkung der historischen Gewalterfahrungen in Europa als permanentes Gefährdungsgefühl der Freiheit festgestellt, während Timo Meynhardt das subjektive Empfinden von Freiheit in den Vordergrund rückte. Auch die Klimakrise wurde thematisiert, deren Bekämpfung laut Philipp Pattberg stärker als Chance für Freiheit aufgegriffen werden sollte.
Prof. Tim Crane stellte sich in seinem Vortrag der Frage, ob die Redefreiheit heute in der Krise ist. Hier gebe es Raum für Meinungsverschiedenheiten – nicht, weil es in unseren öffentlichen Debatten keine Krise gibt, sondern weil die Redefreiheit nicht wirklich dessen Mittelpunkt darstellt. Tim Crane argumentierte, dass Debatten über die Redefreiheit eigentlich Debatten über etwas anderes sind. Besorgniserregend sei die Tendenz bestimmter Gruppen, die Gedankenfreiheit einzuschränken, indem sie den Menschen vorschreiben, welche Worte sie verwenden dürfen und welche nicht. Tim Cranes Vortrag erörterte dieses Phänomen, indem er Vergleiche mit der Geschichte der religiösen Toleranz in Europa aufführte.
Prof. Monika Schnitzer diskutierte die Rolle des Wettbewerbs als Garant unserer Freiheit. Wettbewerb, so Prof. Schnitzer, erhöht die ökonomische Freiheit der Menschen, indem er Wahlmöglichkeiten erweitert. Doch in den digitalen Bereichen zeige sich mit Big Tech eine zunehmende Unternehmenskonzentration und Monopolisierung. Der Grund seien zum einen spezifische Eigenschaften digitaler Märkte, zum anderen aber auch wettbewerbswidrige Maßnahmen der großen Big Tech Unternehmen. Daher brauche es jetzt bessere und effektivere Regulierung. Das würde auch die politische Macht dieser Unternehmen eindämmen, was aufgrund der umfassenden Datenmengen, die diesen Unternehmen zu Grunde liegen, begrüßenswert sei.
Die zweite Podiumsdiskussion des Tages diskutierte „Europas Wirtschaft und der Konflikt zwischen den USA und China“. Das Gespräch wurde eingeleitet mit einem Vortrag von Prof. Clemens Fuest. Clemens Fuest erklärte, dass Europa zurzeit hinter dem Wachstum Chinas zurückbleibt und argumentierte, dass Europa mit den USA gemeinsam agieren müsse, um sich nicht im Gegenspiel der beiden Weltmächte zu verlieren. Zudem führte er aus, dass politische und wirtschaftliche Freiheit nicht immer gegeben sein müssen, um Wachstum zu erreichen, für Wohlstand jedoch ausschlaggebend seien.
Prof. Gabriel Felbermayr, Dr. Peter Wittig, Prof. Monika Schnitzer, Dr. Wolfgang Fink und Moderator Prof. Kai A. Konrad führten die sich anschließende Podiumsdiskussion. Europa als Wirtschaftsmacht, so das Panel, müsse sich deutlich mit den USA im transatlantischen Pakt einbetten, aber sogleich ein nuanciertes Verhältnis mit China beibehalten. Um auf Augenhöhe mit China zu bleiben müsse die geostrategische Kooperation vor allem mit Blick auf Innovation verstärkt werden – und zwar mit politischem Kalkül und auf Basis Europas wirtschaftlicher Stärke.
In dem Vortrag „Europas Freiheitsmodell im Systemkonflikt: Belastung und Bewährung“ plädierte Prof. Sven Simon dafür, die Schaffung einer immer engeren Europäischen Union (EU) mit einer handlungsfähigeren Union nach außen zu komplementieren. Um im Systemkonflikt mit China Europas Freiheit zu garantieren, bedarf es den Daseinszweck der EU neu zu definieren, einen Reformkurs einzuschlagen, um die Handlungsfähigkeit Europas zu erhöhen, und das europäische Selbstverständnis durch eine verbesserte politische Öffentlichkeit in Europa zu stärken. Aufbauend auf den Grundwerten der Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und individueller Freiheit müsse man die EU in den kommenden kritischen Jahren besser erklären können, um die Ziele zu erreichen.
Den Abschluss des Forums bildete die CONVOCO! Art Conversation. Hans Ulrich Obrist unterhielt sich mit der Wiener Künstlerin Martha Jungwirth über ihr Werk und Convocos Freiheitsthema.