Die Ohnmacht der Macht. Die Macht der Ohnmacht.

Die Convoco! Edition ist eine jährlich erscheinende Buchreihe, die Beiträge der Denkerinnen und Denker zu Convocos Jahresthemen zusammenträgt. Die Edition wird sowohl in deutscher als auch englischer Sprache veröffentlicht.

Die Ohnmacht der Macht. Die Macht der Ohnmacht.

Reihe: Convoco! Edition

Herausgegeben von Corinne Michaela Flick

Beitragende: Clemens Fuest, Thomas Hoeren, Wolfgang Ischinger, Kai A. Konrad, Stefan Korioth, Hans Ulrich Obrist und Simon Denny, Christoph G. Paulus, Albrecht Ritschl, Jörg Rocholl, Roger Scruton, Brendan Simms

Seiten: 212

ISBN 978-3-8353-1828-1

Preis gebundenes Buch: €14.90 (D) . €15.40 (A)

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Preis EPUB: €11.99

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Wer übt in der globalisierten Welt tatsächlich die Macht aus? Die Komplexität unserer staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen, führt dazu, dass viele Entscheidungen durch Experten vorbereitet werden. Denn ohne dass man Handlungsoptionen beleuchtet, kann man keine Entscheidung treffen. Daher sind Entscheidungsträger mehr denn je auf Dritte angewiesen. Durch die Beratung macht der „mächtige“ Entscheider sich jedoch abhängig von der Sicht anderer auf die Welt. Es entsteht ein Vorraum zur Macht indirekter Einflüsse und Gewalten. Der nach auβenhin ohnmächtige Berater ist tatsächlich mächtig. Macht und Ohnmacht also sind nur scheinbare Gegensätze. Sie bedingen sich gegenseitig.


Die Convoco Edition diskutiert das Zusammenspiel von Macht und Ohnmacht aus verschiedenen Perspektiven und fragt: Wie stehen wissenschaftliche Beratung und Politik zueinander? Wer hat Macht über den Euro? Wie mächtig ist die EZB? Wie gehen wir mit geopolitischem Machtzerfall um? Was hat es mit der Macht der Daten auf sich? Wie muss sich unser Machtverständnis wandeln, damit es zeitgemäβ und nicht ohnmächtig wird?

Thesen

Dass die Macht nicht alleine kommt, sondern an die Ohnmacht gekoppelt ist, scheint nur auf den ersten Blick paradox. In Wirklichkeit sind Macht und Ohnmacht nur scheinbare Gegensätze. Sie gehören zusammen wie zwei Seiten einer Medaille, sie bedingen einander gegenseitig. Es besteht eine Dialektik zwischen beiden.

Corinne M. Flick

Mindestens ebenso wie große Persönlichkeiten in Politik und Politikberatung brauchen wir exzellente Wissenschaft, eine verständliche Kommunikation der Politikberater und einen Wettstreit der Argumente. Wettstreit der Argumente bedeutet, dass wir Auseinandersetzung und Dissens in der Debatte nicht als negativ, sondern als fruchtbar verstehen sollten. Theorie ist nicht grau, Politikberatung hat die Macht, die sie braucht. Wenn Beiträge aus der Politikberatung zu öffentlicher Auseinandersetzung führen, dann funktioniert Politikberatung. Gerade in Deutschland brauchen wir nicht mehr Konformismus, sondern mehr fruchtbaren Dissens. Der beste Hüter des Gemeinwohls ist letztlich weder die Politik noch die Politikberatung, sondern eine streitlustige, kritische und lebendige Öffentlichkeit.

Clemens Fuest 

Wissenschaft und Politik haben sich seit 1945 nicht voneinander entfernt. Ganz im Gegenteil. Das Bewusstsein, aufeinander angewiesen zu sein, ist eher stärker als schwächer geworden. Eine Konstante der Entwicklung liegt darin, dass Wissenschaft heute mehr von ihrem gesellschaftlichen und politischen Umfeld geprägt ist, als sie diesem umgekehrt ihre Signaturen geben kann. Was ihr in jedem Fall als Verpflichtung bleibt, ist die Wahrung ihrer Unabhängigkeit, beginnend mit der Formulierung ihrer Fragen, endend bei den Antwortversuchen.

Stefan Korioth

Die Geschichte zeigt, dass eine erfolgreiche Staatenunion nicht aus einem allmählichen Zusammenwachsen unter relativ ruhigen Bedingungen hervorgeht, sondern durch scharfe Brüche in extremen Krisenzeiten. Sie entwickeln sich nicht langsam, sondern entstehen mit einem »großen Knall«. Es sind Ereignisse, keine Prozesse. Die politische Vereinigung Europas, die der Kontinent so dringend braucht, erfordert daher einen einzigen kollektiven Willensakt seiner Regierungen und Eliten und letztlich seiner Bürger.

Brendan Simms 

Auch künftig werden Konflikte immer wieder mit militärischer Macht ausgetragen. Die Theorie allerdings, dass sich mit überwältigender militärischer Dominanz alles lösen lasse, hat sich als Trugschluss erwiesen. Man hat verstanden – eine Erkenntnis, die man auf Clausewitz zurückführen kann –, dass sich mit militärischen Mitteln in aller Regel nur militärische Probleme lösen lassen. Wenn aber ein politisches Problem zu lösen ist, bedarf es vor allem eines politischen Konzepts, zu dessen Umsetzung es unter Umständen des Militärischen bedarf.

Wolfgang Ischinger 

Keine Lösung des Staatsschuldenproblems bedeutet die Verewigung des Ausnahmezustands: ein Euro, der langlebiger ist, als man dachte, der weicher ist, als man wollte, und in dem ein ungeordneter Finanzausgleich die schwachen an die starken Länder bindet, ob man das will oder nicht. Solange die Schuldenfrage in Europa ungeregelt bleibt, ist die EZB unangefochtene Krisenmanagerin, Herrin eines verewigten Ausnahme¬zu¬stands und der eigentliche Souverän der Eurozone.

Albrecht Ritschl 

Die mächtige EZB befindet sich heute mehr denn je in einer Position der Ohnmacht. Das scheinbar paradoxe Argument lautet dabei, die EZB habe nicht zu wenig Handlungsoptionen, sondern zu viele. Aus verhandlungstheoretischer Sicht schwächt sie dieses breite Mandat. In der Rolle des Samariters muss die EZB ihr mächtiges Instrumentarium zur Krisenbereinigung einsetzen, statt ein klares, geldpolitisches Ziel in völliger Unabhängigkeit zu verfolgen.

Kai A. Konrad

Der Grat zwischen zwischen legitimem Lobbyismus und zu verurteilender Korruption, ist schmal, daher ist es besonders wichtig, die Kriterien zu beschreiben, die sicherstellen können, dass politische Verbindungen von Unternehmen in nachvollziehbarer und transparenter Weise eingesetzt werden.

Jörg Rocholl

Macht hat viel mit Wissen, mit dem Zugriff und der Verwertung von Daten, zu tun. Doch die Frage der Datenqualität wird im Rahmen der Macht-Diskussion kaum gestellt. Dies hat auch damit zu tun, dass juristische Standards für Datenqualität fehlen.

Thomas Hoeren

Ist es nicht interessant, dass Menschen, die für angebliche Geheiminstitutionen wie die NSA arbeiten, ihre Projekte online stellen? Wenn man sich die Zeit nimmt, kann man problemlos von der Art ihrer Arbeit in diesen Institutionen auf ein Team, eine Gruppe von Mitarbeitern schließen. Die öffentliche Darstellung in den sozialen Medien unterläuft quasi die Geheimhaltung der Regierungsstelle.

Simon Denny

Ausgehend von der Antithese von Macht und Ohnmacht, bei der die Rollenverteilung keineswegs geklärt ist, weil der Mächtige der Ohnmächtige und der Ohnmächtige der Mächtige sein kann, zeigt sich, dass Machtentfaltung Gegenbewegungen auslöst, die die Macht zu bändigen versuchen. Je nachdem, um welche Machtbasis es dabei geht, ob sie also veränderbar ist oder nicht, sind die Methoden der Bändigungsversuche unterschiedlich. Immer aber ist ihnen die Besonderheit zu eigen, dass sie wie das Wasser in kommunizierenden Röhren in wechselseitiger Abhängigkeit stehen.

Christoph G. Paulus

Wo die herrschende Macht keine Autorität besitzt, erzeugt die Suche nach der Autorität – selbst wenn es nur eine charismatische und persönliche Autorität ist – Macht einer anderen Art. Und zwar eine Macht, die in einer Art wirkungsvoll ist, wie es sich die „Autoritäten“, wie sie sich ironisch selbst bezeichnen, niemals erhoffen können; nämlich die Macht, die Herzen und Seelen der Menschen zu bewegen und sich mit ihnen in dem zu verbinden, was Patočka die „Solidarität der Erschütterten“ nannte. Es ist eine Macht, die entsteht, wenn man die Wahrheit da platziert, wo sie hingehört, in das Zentrum unseres Lebens und an den Anfang und das Ende unseres Diskurses.

Roger Scruton

Autor:innen

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