Neue Konstellationen der Gegenwart

Die Convoco! Edition ist eine jährlich erscheinende Buchreihe, die Beiträge der Denkerinnen und Denker zu Convocos Jahresthemen zusammenträgt. Die Edition wird sowohl in deutscher als auch englischer Sprache veröffentlicht.

NEUE KONSTELLATIONEN DER GEGENWART:
ANNÄHERUNGEN, INSTITUTIONEN UND LEGITIMITÄT

Reihe: Convoco! Edition

Herausgegeben von Corinne Michaela Flick

Beitragende: Maha Hosain Aziz, Bazon Brock, Garrett Wallace Brown, Udo Di Fabio, Clemens Fuest, Eugénia C. Heldt, Stefan Korioth, Jörn Leonhard, Rudolf Mellinghoff, Timo Meynhardt, Stefan Oschmann, Christoph G. Paulus, Gisbert Rühl, Wolfgang Schön, Sven Simon, Lothar H. Wieler

Seiten: 296

ISBN 978-3-8353-3931-6

Preis gebundenes Buch: €14.90 (D) . €15.40 (A)

Hier erhältlich

Preis EPUB: €11.99

Hier erhältlich

Die globalen Institutionen waren bisher die Grundpfeiler der staatlichen, regelbasierten Zusammenarbeit, stehen aber zunehmend unter Druck und sind Schauplätze geopolitischer Auseinandersetzung. Im Gegenzug sehen wir neue Formationen und einen zunehmenden Einfluss nicht-staatlicher Akteure auf der Weltbühne. Dabei entstehen Partnerschaften zwischen Stakeholdern, die bisher nicht zusammengearbeitet haben. Regierungen kooperieren mit privaten Akteuren in ursprünglich hoheitlichen Bereichen. Unternehmer wie Bill Gates oder Michael Bloomberg übernehmen globale Verantwortung für Themen wie Gesundheit oder Umwelt. Transnationale zivilgesellschaftliche Bewegungen wie Fridays for Future und Black Lives Matter gewinnen angesichts der globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Pandemien oder Ungleichheit an Bedeutung.

Der vorliegende Band untersucht diese neuen Konstellationen der Gegenwart. Welche Partnerschaften und Kooperationen ergeben sich aufgrund der politischen, wirtschaftlichen und technologischen Problemstellungen? Woher nehmen die neuen, nicht-staatlichen Akteure ihre Legitimität zum Handeln? Wie können wir die regelbasierte Zusammenarbeit von Staaten revitalisieren und Institutionen reformieren bzw. neu gründen? Zentral ist dabei die Einsicht, dass wir weltweit in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen, das durch bestehende Machtstrukturen gekennzeichnet ist.

Thesen

Durch Covid-19 sind die neuen Kooperationen und Verbindungen stärker zum Vorschein getreten, ein neues Gefühl der Solidarität findet transnationalen Ausdruck. Der Wert des Gemeinwohls hat eine globale Ausprägung erhalten. Bezugspunkt ist nicht mehr ausschließlich der Nationalstaat. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht auch das Aufkommen starker nationaler Interessen beobachten. Diese gegensätzlichen Entwicklungen gehen Hand in Hand. Auf den ersten Blick scheinen sie sich auszuschließen, doch das Zusammengehören von Paradoxien ist ein entscheidendes Merkmal der neuen Zeit.

Corinne Michaela Flick

Ich halte es in unserer vernetzten Welt für unerlässlich, dass wir vielfältige Stärken, Perspektiven und Methoden bewusst verknüpfen, um gesunde Zukunftsaussichten für uns alle sicherzustellen. Wir brauchen als Weltgemeinschaft einen stärkeren multilateralen Schulterschluss – und deutlich mehr sektorübergreifende Partnerschaften. Denn wir sind mit ernsten globalen Risiken konfrontiert, gegen die ein Land oder eine Gruppe allein wenig ausrichten kann.

Stefan Oschmann

Die neue Allianz von politischen Amtsinhabern und zivilgesellschaftlichen Akteuren muss das entstandene, lähmende politische Lagerdenken überwinden, und zwar nicht mit dem Ziel einer neuen Konformität, sondern gerade umgekehrt mit dem Ziel einer neuen Streitkultur. 

Udo Di Fabio

Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht produktive Allianzen zwischen Politik und Wirtschaft sollten nicht in erster Linie eine Verflechtung und enge Kooperation zwischen Unternehmensvertretern und politischen Entscheidungsträgern beinhalten, sondern ein geteiltes Bewusstsein für die Spielregeln, die eingehalten werden müssen, damit individuelles Gewinnstreben wirklich dem Gemeinwohl dient.

Clemens Fuest

Eine “Weltregierung”, der kein Mensch entkommen kann, ist eine Schreckensvision – bei aller Anerkennung für deren fantastische technokratische Möglichkeiten, globale Herausforderungen zu bewältigen. Aber die Schaffung eines “Weltvolks”, dessen Angehörige sich einander solidarisch verbunden fühlen und nationale und internationale Institutionen auf globale Gemeinwohlziele verpflichten, wäre ein großer Schritt.

Wolfgang Schön

In den letzten Jahren sind internationale Organisationen immer wieder in den Mittelpunkt von öffentlichen Debatten geraten. Sie wurden von verschiedenen Seiten für ihr Handeln kritisiert und ihre politische Legitimation wird immer häufiger in Frage gestellt. Wie kommt es zu dieser Politisierung von Internationalen Organisationen und warum sind diese Institutionen so wichtig für die globale Architektur des 21. Jahrhunderts? 

Eugénia C. Heldt

Die Legitimität einer Ordnung bezog sich lange Zeit ausschließlich auf klar begrenzte Gesellschaften, zumeist in Staaten organisiert. Diesen geschlossenen Legitimitätskreisen sind Konkurrenten zur Seite getreten. Eine wachsende Zahl überstaatlicher und globaler privater Organisationen beansprucht für sektorale Aktivitäten und auch bei der Entscheidung über die Organisation der Wirtschaft Legitimität neben oder gegen den Staat. Es bleibt aber Aufgabe der Staaten, Legitimitätsansprüche anzuerkennen oder zurückzuweisen.

Stefan Korioth

In den letzten zehn Jahren hat sich eine einzigartige, globale Legitimitätskrise entwickelt. Normen der Politik, Geopolitik, Wirtschaft und Gesellschaft wurden herausgefordert. Diese Legitimitätskrise wird sich wahrscheinlich im kommenden Jahrzent verschärfen. 

Maha Hosain Aziz

Zivilgesellschaftliche Organisationen spielen im politischen Prozess eine gewichtige Rolle. Unter dem Gesichtspunkt der Partizipation sind sie insbesondere auf internationaler Ebene legitimiert, an politischen Entscheidungen mitzuwirken. Die letztverbindliche Entscheidung über hoheitliche Maßnahmen muss aber den demokratisch legitimierten Organen vorbehalten bleiben.

Rudolf Mellinghoff

Die Volksrepublik China hat sich zu einem Systemrivalen entwickelt und macht dem Westen in seinemWohlstandsversprechen Konkurrenz. Angesichts der weiter zunehmenden politischen und wirtschaftlichen Bedeutung Chinas sollten sich die liberalen Demokratien der Welt zu einer strategischen Allianz D-10 (zehn Demokratien) zusammenschließen, um in dem Systemwettbewerb bestehen zu können.

Sven Simon

Die Digitalisierung hat massive Auswirkungen auf die Arbeitswelt und auf die Geschäftsmodelle großer Unternehmen: Digitale Plattformen sind das Geschäftsmodell des 21. Jahrhunderts. Der Vormachtstellung chinesischer und amerikanischer Unternehmen kann Europa nur mit einer innovationsfreundlichen Infrastruktur und einem gemeinsamen Ansatz begegnen, um seine Wettbewerbs-fähigkeit zu sichern.

Gisbert Rühl

Das Älteste erneut denken: Der Kapitalismus versiegt.

Bazon Brock

Über die systemische Planung der Gesundheitspolitik hinaus müssen wir auch externe Faktoren berücksichtigen, zum Beispiel die planetare Gesundheit, ökologische Systeme und die Umweltbedingungen, die einen Einfluss auf die menschliche Gesundheit haben. Wir müssen unser Denken vernetzen und die globale Gesundheit als ein ganzheitliches System verstehen.

Garrett Wallace Brown

Je solidarischer die Weltgemeinschaft bei der Verteilung von Impfstoffen ist, desto kürzer werden die Zeiträume bis zum Erreichen einer ausreichenden Immunität zwischen einzelnen Ländern sein. Bezüglich Immunität gilt dasselbe wie bezüglich Preparedness: das schwächste Glied in der Kette bestimmt den Erfolg für alle.

Lothar Wieler

Ob die Pandemie zu neuen Gemeinwohlkonstellationen führt, ist offen. Eines zeigt sie gewiss: Die hohe Zeit der Differenzierungstheoretiker ist vorbei, wenn diese ihre Gemeinwohlvoraussetzungen nicht in den Blick nehmen. Eine Umkehrung des Ausgangspunktes ist angesagt.

Timo Meynhardt

Zur Zäsurbildung gehört der gesicherte Blick auf eine Vorvergangenheit. Die Corona-Pandemie besitzt noch kein abgrenzbares Ancien Régime. Dennoch erhöht die Vielzahl der  Paradoxien die Wahrscheinlichkeit einer Welt im Umbruch, zwischen Transition und Transformation, nicht revolutionär in einem einzigen Moment entstanden, sondern inkremental durch die allmähliche Entfaltung und die immer längere Dauer der Krise. Wir können heute nicht mehr so sicher sein wie noch vor einem Jahr, ob sich unter der Oberfläche des vermeintlich Bekannten, der scheinbaren Wiederholung, der präfigurierten Gegenwart, nicht doch ganz Neues ergibt, das den hermeneutischen Rahmen der Kontinuitätserzählung durchbricht.

Jörn Leonhard

Autor:innen

KONTAKT

Convoco gemeinnützige Stiftung-GmbH

Zur Förderung der Wissenschaft und Bildung

Brienner Str. 28
80333 Munich
Germany

NEWSLETTER

Melden Sie sich jetzt für den exklusiven Newsletter an. Wir verwenden Ihre persönlichen Daten wie in unserer Datenschutzrichtlinie beschrieben.

© 2024. All Rights Reserved