Das Gemeinwohl im 21. Jahrhundert

Die Convoco! Edition ist eine jährlich erscheinende Buchreihe, die Beiträge der Denkerinnen und Denker zu Convocos Jahresthemen zusammenträgt. Die Edition wird sowohl in deutscher als auch englischer Sprache veröffentlicht.

Das Gemeinwohl im 21. Jahrhundert

Reihe: Convoco! Edition

Herausgegeben von Corinne Michaela Flick

Beitragende: Roland Berger, Bazon Brock, Udo Di Fabio, Carl Benedikt Frey, Clemens Fuest, Kai A. Konrad, Stefan Korioth, Rudolf Mellinghoff, Timo Meynhardt, Hans Ulrich Obrist mit Hito Steyerl und Matteo Pasquinelli, Stefan Oschmann, Christoph G. Paulus, Jörg Rocholl, Wolfgang Schön, Jens Spahn

Seiten: 226

ISBN 978-3-8353-3231-7

Preis gebundenes Buch: €14.90 (D) . €15.40 (A)

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Preis EPUB: €11.99

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In letzter Zeit scheint es, als verschwinde das Gemeinwohl als Leitprinzip unserer Gesellschaft.
In einer Welt, in der Nationalismus stärker wird und auch die Gesellschaft in immer mehr Teile zerfällt, wird „Das Gemeinwohl im 21. Jahrhundert“ zu einem brisanten Thema. Nicht nur sollte es wieder mehr in das Zentrum unserer Überlegungen rücken, wir sollten es auch neu überdenken. Gemeinwohl ist nicht einfach die Summe der Einzelinteressen, es ist ein Mehr und eine Grundbedingung menschlicher Selbstentfaltung. Nur so können wir all die Entwicklungen aufhalten, die aus einem „Wir“ zunehmend ein „Ich“ machen.

Dieser Band beleuchtet das Gemeinwohl auf globaler und nationaler Ebene in seinen verschiedenen Facetten, zum Beispiel untersucht er die Beziehung von Gemeinwohl und Staat, die Rolle von Unternehmen bei der Schaffung von Gemeinwohl und geht insbesondere auf die Bedeutung dieses Begriffs für das 21. Jahrhundert ein.

Thesen

Gemeinwohl ist eine notwendige Fiktion – gewissermaßen eine Orientierung auf das größere Ganze hin, welches erst dadurch Gestalt annimmt und in der Folge wiederum ordnungsstiftend wirkt. In einem Bild: Dem Gemeinwohlgedanken kommt die Funktion eines Polarsterns zu, der zwar niemals erreichbar ist, aber stets eine Richtung weisen kann. Angesichts der aktuellen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft kann man auch sagen: Wenn Komplexität die Herausforderung ist, dann ist Gemeinwohl die Antwort.
Timo Meynhardt

An der Diskussion über das Gemeinwohl fällt auf, dass fast alle Beteiligten glauben, es stünde fest, was das Gemeinwohl sei und wie man es bewahren oder fördern könne. In Wirklichkeit ist hier fast alles kontingent, das heißt, man könnte fast immer auch anders optieren, geradezu das Gegenteil behaupten.
Udo Di Fabio

Gemeinwohl ist heute das, was den Angehörigen einer Gemeinschaft Freiheit zur Ausbildung von Individualität zuspricht oder rechtsstaatlich gerade ermöglicht, die Vielfalt der Glaubensüberzeugungen ohne Auslöschungskonkurrenz zu leben. Das heißt, das Gemeinwohl gilt der Herausbildung, der Erziehung und Förderung von Individualität.
Bazon Brock

So wenig es überzeugen kann, das „globale Gemeinwohl“ an allen Fronten der Politik realisieren zu wollen, so wenig kann eine pauschale Renationalisierung der Interessen die realen Probleme der Welt lösen. Richtig erscheint es, je nach Sachthema unterschiedliche politische Bezugssysteme zu adressieren. Der Bürger wird es aushalten müssen, je nach Sachfrage als Deutscher, als Europäer oder als Weltbürger zu denken und zu agieren – sonst denkt er entweder zu klein oder zu groß.
Wolfgang Schön

Warum beziehen sich auch im Jahre 2017 unsere Gerechtigkeits- und Gemeinwohlvorstellungen so hartnäckig (und deshalb vielleicht auch mit Recht) auf die Ordnung zeitgleich und räumlich zusammenlebender Gruppen, von der Familie bis zur Nation, mit den Gegenüberstellungen von Inklusion und Exklusion, heute und morgen, Altruismus im Inneren, Egoismus nach außen?
Stefan Korioth

Der Gesetzgeber berücksichtigt Gemeinwohlinteressen im Steuerrecht auf vielfältige Weise. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Gemeinnützigkeitsrecht. Darüber hinaus erlaubt ihm aber auch das Grundgesetz, von der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abzuweichen, wenn er damit Gemeinwohlbelange fördern will. Damit erweist sich das Steuerrecht als wichtiger Bestandteil einer Politik, die auf das allgemeine Wohl ausgerichtet ist.
Rudolf Mellinghoff

Gemeinwohl drückt sich in nichts mehr aus als in Zahlen und Finanzen eines Bundeshaushaltes – das gilt heute, aber auch noch im Jahr 2030.
Jens Spahn

Auch wenn alle eine vage, eher diffuse Vorstellung haben, was konkret und präzise Gemeinwohl bedeutet – noch dazu exakt im 21. Jahrhundert –, ist es ungleich einfacher, Dinge präzise zu benennen, die dem Gemeinwohl abträglich sind und diesem zuwiderlaufen. Eines dieser Dinge ist die Schuldenlast der öffentlichen Haushalte nicht nur hierzulande, sondern nahezu auf der ganzen Welt.
Christoph G. Paulus

Unternehmen leisten am besten einen Beitrag zur Mehrung des Gemeinwohls, wenn sie sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren: Werte für den Einzelnen und die Gemeinschaft zu schaffen. Ich bin davon überzeugt, dass in unserer arbeitsteiligen, marktwirtschaftlichen Ordnung Unternehmen grundsätzlich dann den größten Beitrag zum Gemeinwohl leisten, wenn sie sich voll und ganz ihrem Geschäft widmen.
Roland Berger

Der Unternehmer, der nur seinen Profit maximieren möchte, trägt gerade durch die einseitige Ausrichtung seines Handelns auf den eigenen Gewinn maximal zum Wohlstand der Gesellschaft bei. Wenn die Politik den richtigen ordnungspolitischen Rahmen schafft, dann entsteht kein Zielkonflikt zwischen der einseitigen Profitorientierung des Unternehmers und dem allgemeinen Wohlstand der Gesellschaft.
Kai A. Konrad

Gesundheit ist ein Teil des Gemeinwohls. Damit wir aber die besten Voraussetzungen für Innovationen bieten, sind wir darauf angewiesen, dass medizinische Produkte und Dienstleistungen von privaten Akteuren entwickelt werden. Wir brauchen den privaten Sektor, um mit vereinten Kräften auf einen gerechten Zugang zur Gesundheitsversorgung hinzuarbeiten.
Stefan Oschmann

Im Schnitt hat eine Gesellschaft von der Automatisierung immer profitiert, aber auch manches Mal zu Lasten der Erwerbstätigen, deren Arbeitsplätze verloren gingen. Es ist nun Aufgabe der Gesellschaft, die Computerisierung in das Allgemeinwohl einzubinden, indem man sicherstellt, dass ihre positiven Errungenschaften vielen zugutekommen. Per se ist sie aber nicht Teil des Gemeinwohls.
Carl Benedikt Frey

Das Gemeinwohl wird nicht davon profitieren, wenn Menschen, denen eine Beschäftigung mit den neuen Technologien nicht zugetraut wird, mit einem bedingungslosen Grundeinkommen zur Tatenlosigkeit animiert werden. Umfangreiche Anstrengungen bei der Verbesserung von Bildungschancen werden für das Gemeinwohl dauerhaft sinnvoller sein und Teilhabe an wirtschaftlichem Fortschritt und sozialem Austausch ermöglichen.
Jörg Rocholl

Wenn man immer nur in der Furcht vor einer bevorstehenden entweder gutartigen oder bösartigen Singularität lebt, dann wird man nicht erkennen, dass unsere Gesellschaften jetzt schon durch die technologischen Entwicklungen in einer Weise umstrukturiert werden, die einen Post-Faschismus, Nativismus, Populismus, Arbeitslosigkeit und all diese Dinge ermöglichen.
Hito Steyerl

Das kritische Denken von Künstlern ist im Hinblick auf die Gefahren von Künstlicher Intelligenz äußerst nützlich, da Künstler unsere Aufmerksamkeit auf jene Fragen lenken, welche aus ihrer Perspektive wichtig erscheinen. Wenn Algorithmen durch künstlich erzeugte Bilder auf neue Weise sichtbar gemacht werden, können visuelle Kompetenz und Expertise von Künstlern kritisch genützt werden. Viele existentielle Fragen, die die künstliche Intelligenz betreffen, sind philosophischer Natur und können daher nur auf holistische Weise beantwortet werden.
Hans Ulrich Obrist

Bewusstsein für die Bedeutung des Gemeinwohls und für seine Gefährdung ist eine gute Voraussetzung dafür, das Gemeinwohl auch in Zukunft zu bewahren.
Clemens Fuest

Wichtig ist, dass die Gesellschaft sich ihren Gemeinsinn, also ihr Engagement für das Wohl der Gemeinschaft, erhält. Wir sollten unserer Gesellschaft eine Richtung geben und dem Gemeinwohl als Orientierungspunkt eine zentrale Stellung einräumen. Besonders relevant ist dies angesichts der im 21. Jahrhundert anstehenden technologischen Entwicklungen. Die Fähigkeit, Gemeinschaften aufzubauen, hat die Stellung des Menschen als „Krone der Schöpfung“ begründet. Sie wird auch weiterhin die beste Möglichkeit sein, den Menschen vor der Übermacht der Künstlichen Intelligenz, den Algorithmen und Big Data zu schützen.

Corinne M. Flick

Autor:innen

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