Warum fällt es uns so schwer, uns dem Klimawandel zu stellen?

Wie können wir eine lebbare Welt gestalten? Das Fundament einer lebbaren Welt ist ein gesunder Planet, der menschliches Leben ermöglicht. Die Menschheit verbraucht 1,7-mal so viele Ressourcen, wie mit einem nachhaltigen Lebensstil vereinbar wäre. Das heißt: der ökologische Fußabdruck muss in den nächsten zehn Jahre um 30% reduziert werden.

Warum fällt es uns so schwer, uns dem Klimawandel zu stellen?

  • In Bezug auf Atomkriege, Epidemien oder Naturkatastrophen lässt sich in der Menschheit ein Selbsterhaltungstrieb feststellen, der stabilisierend eingreift. Beim Klima ist dies jedoch nur unzureichend der Fall. Ein Grund: Für viele Gesellschaften ist der Klimawandel ein schleichendes, unsichtbares Problem. Das Risikobewusstsein ist mangelhaft.
  • Die Krise des Klimas und der Biodiversität sind weltgeschichtlich neu und unterscheiden sich fundamental von bekannten Bedrohungen. Für andere Krisen gibt es zumindest in Grundzügen Protokolle, auf die zurückgegriffen werden kann.
  • Die Zentralität der ökologischen Krise wird von Teilen der Öffentlichkeit bewusst verdrängt. Man widmet sich lieber altbekannten Problemen. Das ist auch ein systemisches Versagen. Politische Prozesse und mediale Kommunikation müssen daher optimiert werden, um kollektiv-rationales Handeln zu ermöglichen und der Wissenschaft den nötigen Spielraum einzuräumen.
  • Allgemein ist festzustellen, dass die Politik nicht in dem vom Klimawandel erforderten Zeithorizont entscheidet. Wie lässt sich das institutionelle Umfeld umgestalten, um langfristiges Denken und Handeln zu ermöglichen?
    • Generationen, die noch nicht im demokratischen System vertreten sind, sollten im politischen Prozess mehr Gewicht bekommen, da die Auswirkungen des Klimawandels mit Zeitverzögerung eintreten. Jüngere Generationen stehen dem Verzicht offener gegenüber, verstehen ihre Freiheit anders als ältere Generationen und könnten so wichtige Impulse setzen. Mögliche Optionen: das Wahlrecht ab 16 oder zusätzliche Wahlstimmen für Eltern. 

Kann ein globales Gemeinschaftsgut durch nationales Handeln bewahrt werden?

  • Derzeit gibt es keine Instanz, die sicherstellt, dass mit globalen Gemeinschaftsgütern, sog. Global Commons, wie Klima, Umwelt, Wasser, nachhaltig umgegangen wird. 
  • 80% der globalen natürlichen Ressourcen befinden sich im Amazonasbecken, im Kongobecken und in Ostasien. Den dort oft stattfindenden Raubbau können wir in Europa nicht kompensieren – weder mit CO2-Zertifikaten noch durch andere Nachhaltigkeitsstrategien. Der Globale Süden muss mit in die Verantwortung gezogen werden.  
  • Große Teile des Globalen Südens akzeptieren europäische Umweltvorschriften nicht und empfinden diese als Form des Neokolonialismus, selbst wenn es sich um gut gemeinte Umweltpolitik im Rahmen von Handelsabkommen handelt. Die einzig erkennbare Lösung scheint, diese Staaten durch massive Geldzahlungen davon abzuhalten, die natürlichen Ressourcen auszubeuten. Die Frage ist dann: Woher kommt das Geld? Und welche Institution ist verantwortlich? Hier könnte dem IWF eine neue Rolle zukommen. In Betracht käme das Sonderziehungsrecht (Special drawing rights), das ein Reserveguthaben des IWF ist. 
  • Aber: Auch wenn die große Lösung nur global gedacht werden kann, haben Länder ein Interesse und eine Verpflichtung, unilateral auf eine Lösung hinzuarbeiten:
    • Volkswirtschaften müssen versuchen, als Innovationstreiber eine Vorreiterrolle einzunehmen, um so langfristiges Wohlstandspotential zu realisieren.
    • Je näher wir klimatischen Kipppunkten kommen, desto mehr spielen auch kleine Maßnahmen eine bedeutende Rolle, eine lebbare Welt zu erhalten.

Welche Wirkung haben Anreize?

  • Großangelegte Subventionsprogramme können helfen. Beispiel: der Inflation Reduction Act in den USA hat den Begriff der Klimapolitik positiver besetzt und Konservative und Liberale, die bisher in den USA dem Klimawandel skeptisch gegenüberstanden, stärker eingebunden. 
  • In der EU fehlt es verglichen mit dem Inflation Reduction Act angesichts vieler verschiedener Subventionstöpfe nicht an Geld. Das Problem ist aber, dass sie nicht immer an den richtigen Stellen als Instrumente zur Verfügung stehen. 
  • Bei finanziellen Belastungen, zB. CO2-Steuern, schwindet die politische Unterstützung schnell, sobald man persönlich betroffen ist. Hier könnte ein moralisches Argument Abhilfe bieten.

    Aber Vorsicht: eine überproportionale Stärkung der moralischen Komponente läuft Gefahr, Argumente im politischen Diskurs zu delegitimieren oder ganz auszuschließen. Das Wort Moral entfaltet im politischen Diskurs keine Autorität und kann herablassend wirken.

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