Ist unsere westliche Welt in Gefahr?

Immer mehr sind wir mit dem Risiko des Scheiterns unserer Demokratien und unserer westlichen Werte konfrontiert. Das Scheitern und der Niedergang des Westens wird beschrien. Woran machen wir dieses Scheitern fest, was sind die Gründe, und was kann oder sollte dagegen getan werden? Lesen Sie hier Meinungen und Analysen zum Thema:

Ist unsere westliche Welt in Gefahr?

Von der Diagnose...

Die Stabilität des Westens hat Risse bekommen. Dieser Stabilitätsverlust geht einher mit dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas und dem politischen Erstarken des globalen Südens. Wir befinden uns also in einer neuen Periode von Wettbewerb. Und das in einem Zeitalter von gesteigerten Abhängigkeiten und transnationalen Herausforderungen.

CONVOCO! Forum 2024

Wir sehen eine globale Machtverschiebung auf Kosten Europas und der USA: Während neue Mächte oder Gruppierungen, wie die BRICS entstehen, sinkt die Fähigkeit des Westens, Entwicklungen von strategischer Bedeutung maßgeblich zu beeinflussen, geschweige denn zu kontrollieren. Die jüngste Eskalation im Nahen Osten ist in dieser Hinsicht ein Paradebeispiel. Während der EU- und der US-Anteil an Weltbevölkerung und Welthandel beständig sinkt, haben alleine die BRICS die G7 im Hinblick auf Bevölkerung und Wirtschaftsleistung bereits überholt. Nicht zuletzt sinkt auch die Zahl an Ländern, die das westliche Bekenntnis zu Demokratie und liberaler Gesellschaft teilen.

 

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Während die G7 versucht, die Macht zur Setzung und Bewahrung globaler Regeln zu behalten, arbeiten Russland und China Hand in Hand, um dieses Narrativ zu destabilisieren und effektive Alternativen zu etablieren, beispielsweise in Form der BRICS+-Initiative.

Ein Merkmal des in der Krise steckenden internationalen Systems ist die Rückkehr des Protektionismus […] Dieser Wandel markiert eine Abkehr vom Trend zur Handelsliberalisierung nach dem Zweiten Weltkrieg, der durch das GATT und später die WTO institutionalisiert wurde und die westliche, neoliberale Hegemonie im internationalen System stärkte.  

C! Edition – Wie können wir eine lebbare Welt gestalten? (erscheint im März 2025)

Die Frage ist, ob repräsentative Demokratien und ihre Regierungen die Herausforderungen des Anthropozäns überhaupt bewältigen können […] Wir müssen erkennen, dass sämtliches Leben in komplexen Systemen und Verflechtungen funktioniert, was auf Kausalität und Linearität beruhende Modelle nicht abbilden können. Regieren ist nicht mehr simpel oder eine Frage von Kontrolle und Regulierung. Wenn etablierte Regierungsmechanismen nicht mehr funktionieren, können demokratische Regierungen nicht wie gewohnt politische Maßnahmen umsetzen, d.h. sie können komplexe Probleme nicht mehr regeln. Das verstärkt Unzufriedenheit mit repräsentativer Demokratie. 

C! Edition – Wie können wir eine lebbare Welt gestalten? (erscheint im März 2025)

Die Europäer waren 600 Jahre so erfolgreich, dass sie die gesamte Welt beherrschten, auf allen Ebenen: den Wissenschaften, der Technologie, der Biochemie und so weiter. Sie waren so überlegen, dass sie glaubten, sie seien auf Dauer gesichert in dieser Position. Sie wurden arrogant, sie wurden machtwahnsinnig. Und das ist immer der Beginn des Untergangs. Europa ist nicht durch die Einwanderer, Europa ist nicht durch die Kommunisten, Europa ist nicht durch die Islamisten etc. besiegt worden, sondern ausschließlich durch sich selbst, durch die Arroganz der Macht der Leute, die glaubten, mit ihrem Kapital und Getue könnten sie die Welt weiter beherrschen […] Europa hat sich selbst erledigt und dieser Prozess beschleunigt sich gegenwärtig ungeheuerlich. Denn nirgends gibt es so absurd eingeschränkte Führerschaften wie in Europa.


C! Podcast – Woran gehen Kulturen zugrunde?

Wir sehen, dass unsere etablierten Strukturen nicht mehr haltbar sind. Sie zerfallen, ob wir das wollen oder nicht. Sie fallen Migrationskrisen zum Opfer, Klimakrisen zum Opfer, Wachstumskrisen zum Opfer, geopolitischen Restrukturierungskrisen zum Opfer und so weiter. Und auf der anderen Seite haben wir kein Reparaturprojekt mehr. Wir haben keine klare Vision mehr, wo es hingehen soll. Wir haben keine Zielvorstellung von einer besseren Zukunft. Und in diesem Moment entsteht nicht der Weltuntergang, […] sondern, ohne dass wir das im Griff haben, eine andere Moderne und eine andere Gesellschaft.

C! Podcast – Von der Unhaltbarkeit in eine neue Moderne 

...zur Antwort

Es wäre ein Fehler zu glauben, dass die Werte, die wir mit den westlichen liberalen Demokratien verbinden, von diesen Systemen notwendigerweise abhängen. Werte wie Gleichheit und Freiheit (Redefreiheit, Pressefreiheit, Gedankenfreiheit, Demokratie, vielleicht sogar Freihandel) sind nicht an bestimmte Strukturen gebunden. Die Existenz von Werten wie Demokratie und Menschenrechte ist von den Systemen, die diese Werte in der Welt zu verbreiten suchen, unabhängig. Unsere Werte sind etwas, das wir selbst kultivieren, verteidigen und artikulieren müssen. Die Bedrohung der globalen oder liberalen Weltordnung muss nicht auch eine Bedrohung der Werte sein, die diese Weltordnung vertritt. Diese Werte können auch dann Bestand haben, wenn „das Konzept des Westens“ seinen Sinn und seine Anwendbarkeit verlieren sollte.

C! Edition – Halten die Systeme im Ernstfall?

Wenn wir uns selber schützen wollen, wenn wir die Art und Weise, wie wir leben wollen, sichern wollen, wenn wir unsere Werte schützen wollen, dann brauchen wir so viel politische Durchschlagkraft, wie wir nur haben können. Und das geht nur im Verbund von Staaten, die diese Werte und Prinzipien teilen.

Dr. Emily Haber – ehem. Deutsche Botschafterin in den USA

C! Podcast – Wie stabil ist das transatlantische Bündnis?

Es ist nicht richtig zu sagen, es passiert sowieso, wir können nur noch die Hände in den Schoß legen und mitmachen, sondern die Gestaltungsaufgabe bleibt und auch die Leadership-Aufgabe. Den Versuch, aus den Bröseln des zerfallenden Projekts etwas Neues zusammenzusetzen, sollten wir ganz dringend nicht der AfD, Herrn Putin oder Herrn Xi oder Donald Trump überlassen. Zumindest dann nicht, wenn wir an den Werten von Freiheit und Demokratie und so weiter festhalten. Denn die tun es nicht. Man könnte etwas Böses sagen, was sich abzeichnet in der gegenwärtigen neuen Moderne ist, dass die Wirtschaft, dass der Kapitalismus oligarchisch und autoritär wird.

 

C! Podcast – Von der Unhaltbarkeit in eine neue Moderne 

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