Verbrennerverbot: Klimaschutz oder Sackgasse?

Deutschlands Treibhausgasemissionen sinken deutlich und das Gesamtbudget wird sogar übererfüllt. Aber: Verkehr und Gebäude hinken hinterher. EU-Vorgaben werden nicht erfüllt, und es drohen sogar Strafzahlungen. Über 20 % der THG-Emissionen entstehen heute im Verkehrssektor. In der neuen CONVOCO! Edition (März 2025) „Wie können wir eine lebbare Welt gestalten?“ beleuchtet Prof. Stefan Korioth (LMU) die Frage:

Verbrennerverbot: Klimaschutz oder Sackgasse?

Die Frage:

Ist es sinnvoll, in naher Zukunft den Gebrauch von Verbrennungsmotoren zu verbieten, die sich auf fossile Energien stützen, oder gibt es statt des Verbots weniger rigide Steuerungsformen?

Das „Verbrennerverbot“:
Die EU hat sich zu einer drastischen Maßnahme entschlossen: Ab 2035 sollen nur noch Fahrzeuge neu in den Verkehr gebracht werden dürfen, die keinen Verbrennungsantrieb aufweisen. Damit hat die EU in der Skala der möglichen Instrumente zur Verhaltenslenkung gleich zu dem – mit Ausnahme des Strafrechts – schärfsten gegriffen hat.

Die Kritik:
Ein Verbot eröffnet keine Verhaltensalternativen.
Im Umfeld des „Verbrennerverbots“ wurde bekannt, dass der Vergleich der Klimaschädlichkeit zwischen Verbrennungsmotoren und elektrischen Antrieben buchstäblich am Auspuff stattfand – dass hier die Umweltbilanz der Bereitstellung elektrischer Energie völlig unberücksichtigt blieb, liegt auf der Hand.

Das Untersagen einer bestimmten Technologie ist explizit technologie- und wirtschaftsfeindlich. Ein so scharfes Instrument darf nur eingesetzt werden, wenn es dafür überragend wichtige Gründe gibt, zumal weniger einschneidende Formen der Emissionsreduzierung nicht ausprobiert werden können, etwa in Gestalt eines absoluten Deckels oder des Bepreisens von CO2-Emissionen. Und: Das Konzentrieren auf eine bestimmte Technik und Technologie in der EU lässt unberücksichtigt, was in anderen Teilen der Welt geschieht oder erlaubt ist. Schließlich braucht das Verbot gewisse Voraussetzungen, wenn Mobilität erhalten bleiben soll. Wie steht es um die Stromproduktion und die Ladeinfrastruktur? Ist ein Verbot der Verbrennertechnologie mit unerwünschten sozialen Verwerfungen verbunden, weil die neue Technologie erhebliche, durch hohe Preise gesetzte Zugangsbarrieren errichtet? 

Diese Einwände zeigen, dass andere Handlungsstrategien angeraten sind und entworfen werden müssen. Bezahlbare individuelle Mobilität ist für viele unverzichtbar oder einfach nur ein Ausdruck von Freiheit. Umgekehrt gibt es auch kein Recht des Einzelnen gegen den Staat, ein bestimmtes Niveau öffentlicher Transportleistungen, insbesondere im Nah- und Fernverkehr zu gewährleisten. Hinzu kommt, dass die Notwendigkeit des Gütertransports auf der Straße für die Wirtschaft auf absehbare Zeit unverzichtbar ist.

Mögliche Alternativen:
Man sollte im Dienst des Klimaschutzes einen „technologieneutralen Ansatz“ mit Anreizen in Richtung bestimmter Lösungen versuchen. Das meint einen Instrumentenmix, der damit beginnen könnte, CO2-Emissionen noch stärker als bisher zu verteuern und damit den Einsatz von Verbrennungsmotoren unattraktiver zu machen. Ob daneben Subventionen ein geeignetes Instrument zur Verhaltensänderung sind, ist zweifelhaft. Es hat sich gezeigt, dass Kaufprämien für den Erwerb von E-Autos eine enorme Wirkung hatten, Subventionen aber so kostenintensiv sind, dass sie sowohl seitens der EU als auch in Deutschland praktisch nur mit neuen Schulden finanziert werden können.

Es hilft nur die Verbindung von Lenkung, Überzeugung, Anreizen und Verboten. Vor allem aber: Es bedarf des Aufbaus einer Art Partnerschaft zwischen Regelsetzern und Adressaten, und die nützlichen und angenehmen Seiten neuer Verhaltensweisen („Framing“) müssen hervorgehoben werden. So lassen sich Grenzen setzen, die für die Zukunft unserer Gesellschaften erforderlich sind. „Das Setzen von Grenzen erhält unser aller Freiheit.“ Statt vorrangig Instrumente zu diskutieren, kann eine freiheitsbezogene Regelsetzung helfen. Sie müsste an das Verursacherprinzip anknüpfen.

Fazit:
Jedem Staat, jeder Institution, jedem Einzelnen müssen die klimaschädlichen Folgen des eigenen Handelns angelastet werden – mitsamt dem Aufzeigen von Alternativen. Der Verursacher von Klimaschäden zahlt für deren Beseitigung oder deren Ausgleich. Die konsequente Umsetzung dieses Prinzips ist mit demokratischen und marktwirtschaftlichen Strukturen am besten vereinbar, jedenfalls dann, wenn soziale Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen werden, die in einer ökologischen Demokratie so nötig sind wie die Ergänzung marktwirtschaftlicher Mechanismen durch den Sozialstaat.

Lesen Sie den ganzen Beitrag „Einsicht, Freiwilligkeit, Überredung, Zwang – Regelsetzung auf dem Weg zu einer lebbaren Welt” in der neuen CONVOCO! Edition “Wie können wir eine lebbare Welt gestalten?” (März 2025).

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