#71 Martin Korte – Wie viel Chancengleichheit und Autonomie haben wir aus Sicht der Neurobiologie?

In diesem C! Podcast spricht Corinne M. Flick mit Prof. Martin Korte, Neurobiologe und Leiter des Zoologischen Instituts der TU Braunschweig, zum Thema:

Wie viel Chancen-
gleichheit und Autonomie haben wir aus Sicht der Neurobiologie?

Hier seine Aussagen im Auszug:

Wir werden alle mit einer bestimmten genetischen Ausstattung geboren, die auch etwas mit Talenten zu tun hat … 80 Prozent meiner Leistungsfähigkeit bestimmt jedoch meine Umwelt.

Spannende Untersuchungen hinsichtlich der mathematischen Befähigung von Männern und Frauen zeigen, dass diese weniger vom Geschlecht abhängt, sondern viel stärker davon, was man dem jeweiligen Menschen zutraut … Unsere Gehirne kalibrieren ihre eigene Leistungsfähigkeit auch danach, was andere von uns erwarten. Hier sind wir individuell wie auch gesellschaftlich gefragt.

Je vielfältiger meine Erfahrungen sind … umso differenzierter kann ich auch Gegenwart und Zukunft visualisieren … wir nutzen die Reichhaltigkeit unseres Gedächtnisses, um uns die Zukunft vorzustellen.

Die Digitalisierung ändert unsere Informationsverarbeitung. Man sieht gerade bei jungen Menschen, dass diese Generation immer weniger versucht, selbst Wissen abzuspeichern, sondern sich darauf verlässt, eine externe Festplatte zu haben.

Wenn kleine Kinder zu viel Zeit an Bildschirmen verbringen, fehlt ihnen die direkte Exposition mit Freunden und damit Erfahrungen, was andere Menschen denken und fühlen. Kinder haben so nicht die Möglichkeit, diese Erfahrungen in ihre eigene emotionale Intelligenz einzubauen.

Bei Gehirnerkrankungen sieht man ganz klar, dass es eine genetische Komponente gibt. Man sieht aber auch, dass in einem viel stärkeren Maße unser Lebensstil eine Rolle spielt.

Wir haben viel Einfluss [auf die Gesundheit unseres Gehirns]. Eine 5L+G Regel ist hilfreich: (1) „Lernen“: Wer ein Leben lang lernt, schützt sein Gehirn … (2) „Laufen“, also weiter in Bewegung bleiben. (3) „Lieben“, also soziale Kontakte pflegen. Das ist für das Gehirn eine große Herausforderung. Alles, was das Gehirn herausfordert, hält es auch länger am Leben. (4) „Lachen“, da es entstressend wirkt … (5) “Lachs”: Lachs steht hier [stellvertretend für Ernährung], weil er genau die Fette enthält, die das Gehirn braucht … Und (G) für Gewohnheiten ändern: Das hilft unserem Gehirn und auch unserem Körper, neue Wege einzuschlagen.

Nein, wir haben keine absolute Freiheit. Das wusste man auch schon vor den Neurowissenschaften … Wir haben Einschränkungen dahingehend, was unsere Persönlichkeit, unser Temperament angeht … dazu gehört eine gewisse Vorhersagbarkeit, wie ich in einem bestimmten Moment reagieren werde. Spannender ist die Frage: Wie viel Autonomie haben wir?

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