Eine intakte Umwelt als wirtschaftliches Kapital

Wenn von ökologischer Nachhaltigkeit gesprochen wird, geht es oft um unseren Umgang mit natürlichen Ressourcen. Grund, einen näheren Blick auf die ökonomische Funktion dieser Ressourcen und unseren Verbrauch zu werfen. Lesen Sie hier Gedanken zum Thema:

Eine intakte Umwelt als wirtschaftliches Kapital

Warum die individuelle Freiheit das Gemeinwohl braucht

Wirtschaftswachstum auf Kosten der Umwelt stößt an Grenzen. Natürliche Ressourcen haben wichtige ökonomische Funktionen. Auf Dauer wird wirtschaftlicher Wohlstand nur möglich sein, wenn der Raubbau an der Natur gestoppt wird. Ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit sind aus dieser Perspektive kein Widerspruch, sondern eher zwei Seiten einer Medaille.

Man kann eine intakte Umwelt als ein Kapital betrachten, das ähnlich wie menschlich geschaffenes Kapital in Form von Maschinen oder Häusern wertvolle Leistungen produziert. Das eingängigste Beispiel ist die Blütenbestäubung durch Bienen. Die Nahrungsproduktion durch Fischerei und Landwirtschaft, die Gewinnung von Grundwasser, die Absorption von CO2, die Bereitstellung von Erholungsgebieten für Menschen sowie nicht zuletzt der Schutz vor Epidemien und anderen Gesundheitsrisiken sind weitere unverzichtbare Leistungen dieses Naturkapitals.

Naturkapital ist nur sehr begrenzt durch Human- oder Sachkapital ersetzbar. Wenn man davon ausgeht, dass Wirtschaftswachstum in Form der Produktion von Gütern und Dienstleistungen mit einer gewissen Beanspruchung natürlicher Ressourcen einhergeht und dieser »Naturverbrauch« das Niveau übersteigt, das durch natürliche Regeneration ausgeglichen wird, dann ist diese Entwicklung nicht nachhaltig. Nachhaltigkeit bedeutet also, die Beanspruchung natürlicher Ressourcen zu reduzieren.

We have been using water, air, and raw materials from the ground as if they were free. We need to understand that they are not.

Ca. 70% der weltweiten Süßwasservorräte werden für die Agrarwirtschaft gebraucht. Fehlendes Wasser hat die gleichen Konsequenzen wie fehlendes Düngemittel: Die Ernten werden deutlich geringer und die Marktpreise steigen. Wasserknappheit ist im Übrigen nicht nur ein Problem in Kalifornien oder Afrika. Wasserknappheit ist inzwischen auch in Deutschland ein wirkliches Problem geworden. Wir erleben in Deutschland derzeit Jahre mit zu wenig Niederschlägen. In vielen Regionen Deutschlands herrscht mittlerweile eine Art Dürre, und der Grundwasserspiegel ist deutlich gesunken.

Wie sich am Thema Wasser zeigt, erleben wir als Lebensmittelwirtschaft die Auswirkungen der Klimakrise häufig unmittelbar … Nachhaltigkeit findet sich mittlerweile in allen Strategien sowie auf operativer und investiver Ebene wieder … Nachhaltigkeit ist zu einem entscheidenden Bewertungskriterium für Investitionen geworden.

Können wir Biodiversität als wirtschaftliche Ressource betrachten?

Biodiversität ist ein wichtiger Indikator und Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Nur mit einer sich intakt entwickelnden Natur kann Wirtschaft auch langfristig für Wohlstand sorgen.

Noch gibt es keine standardisierten Maßstäbe oder Maßzahlen, die das Unternehmenshandeln zum Schutz von Biodiversität abbilden. Es gibt derzeit keine international vergleichbaren, quantitativen Angaben zum lokalen Zustand der Biodiversität; ihre Erarbeitung ist eine grundlegende Voraussetzung für die Berichterstattung zum Unternehmenshandeln mit Blick auf die Biodiversität.

Konkrete Fragen sind auch, welches wirtschaftliche Handeln konkret die Artenvielfalt verringert und wie diese Art des Wirtschaftens stärker für seine schädlichen Folgen zur Rechenschaft gezogen werden kann. Maßnahmen wie eine stärkere Berücksichtigung der Nutzung von Wald, Land, Wasser und Meereswegen in der unternehmerischen Berichterstattung könnten wichtige erste Impulse geben.

Brauchen wir die Ressourcen der Tiefsee, um die Energiewende zu schaffen?

Was macht es mit dem Meeresboden, wenn man metallische Erze oder die berühmten Manganknollen [eine Art metallische Klumpen] vom Meeresboden abpflücken würde? Wie beim Bergbau an Land bleibt eigentlich nur Wüste zurück. Das Problem ist, dass nicht tief in den Untergrund gebohrt, sondern in die Fläche gesammelt wird. Damit reißt man all das fantastische Leben dort weg.

Es ist ein gewisser Mythos, dass seltene Metalle nur für die klimaschützenden Energien gebraucht werden. Wenn man überlegt, wie viel Metalle wir wegwerfen – in unseren Mobiltelefonen, in Geräten vom Föhn bis zum Radio und den darin verbauten Chips – dann kommt heraus, dass das am meisten seltene Metalle verbraucht. Die Transformation zu regenerativen Energien und klimaschützenden Technologien hat hingegen größeres Recycling eingeplant und nutzt auch andere Materialien. Deswegen muss man aufpassen mit dem Argument, dass Tiefseebergbau unbedingt notwendig wäre, um klimaschützende Technologien zu erarbeiten.

Christoph Henkel: Every raw material sourcing has a problem somewhere on the planet … As long as we use these raw materials, they’ve got to come from somewhere. But we have to ask: Can we make better use of materials? Can we use less? Can we use other materials which don’t have such a huge impact?

Brauchen wir die Ressourcen der Tiefsee, um die Energiewende zu schaffen?

Bei der Frage, ob sich Wirtschaftswachstum und CO2-Emission entkoppeln lassen, würde ich Ja sagen … Beim Umweltverbrauch, inkl. Materialverbrauch, bin ich ein bisschen skeptischer. Für die Treibhausgasneutralität brauchen wir einen starken Aufbau der erneuerbaren Energien, wofür auch Stahl und andere Materialien und Ressourcen benötigt werden. Ob wir uns vollständig von einem Materialverbrauch entkoppeln können, wird man sehen. Es gibt gute Ansätze mit der „Circular Economy“, einer Kreislaufwirtschaft, in der man viel recycelt bzw. wiederverwertet.

Many companies are already working hard on realizing the circular economy. I also think the current cost of raw materials will push all companies to make much better use of the waste we produce. I’m positive that in a short time we’ll be in a much better situation.

Die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung hat es zu 80 Prozent geschafft, ein geschlossenes System von Stoffkreisläufen zu realisieren. Das erfordert aber einen enormen Aufwand. Es ist viel einfacher, immer wieder neue Ressourcen zu nutzen, als einen Stoffkreislauf zu realisieren. Was wir auf jeden Fall dafür brauchen, ist eine erhebliche Menge zusätzlicher Energie. Das ist auch der Grund, warum man heute nicht in dem Maße recycelt, wie man könnte. Es ist aus energetischen Gründen einfach zu teuer. Wenn wir geschlossene Stoffkreisläufe auf dem Planeten realisieren wollen, brauchen wir grob geschätzt doppelt so viel Energie, wie wir heute bereits verbrauchen.

Previous Focus 19/2024: Beitrag von Corinne Flick und Ottmar Edenhofer

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